Haushaltsrede 2017

Haushaltsrede 2017 der Vorsitzenden der Fraktion DIE LINKE

im Rat der Stadt Wülfrath

Ilona Küchler

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,

nicht nur die immer wiederkehrende Kritik des Kreises an der Landschaftsumlage oder den besorgten Blicken der Kommunen bezüglich der Entwicklung der Kreisumlage ist zu entnehmen, welche finanziellen Einflüsse auf städtische Handlungsspielräume wirken.

Der Stellungnahme der IHK zum Wülfrather Haushalt – diese vertritt klar wirtschaftliche Interessen und macht deutlich, dass die Stadt 24 Prozent ihrer Erträge über Gewerbesteuereinnahmen erzielt und Veränderungen dieser Steuern Gewerbetreibende besonders treffen – macht deutlich wie abhängig wir von der Wirkung des Faktums Gewerbesteuereinnahmen sind.

Im Interesse aller Kommunen müsste der Bund an der Beseitigung der Schwächen dieses Systems arbeiten und die Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer weiterentwickeln. Nur so ließe sich der Konkurrenzdruck von den Kommunen nehmen.

Übrigens: Allein der Wegfall der Gewerbesteuerumlage an den Bund – diese beträgt 20 Prozent – hätte für die Gemeinden im Jahr 2013 Mehreinnahmen in Höhe von rund 1,6 Milliarden bedeutet. Geld, welches vor Ort dringend benötigt wird.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

es kann doch nicht im Sinne einer Gesellschaft sein, dass Städte und Gemeinden im politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Wettbewerb miteinander stehen. Inzwischen geht es in erster Linie darum, dass jede Stadt bemüht ist, ihre Vorteile gegenüber anderen Kommunen hervorzuheben, statt sich um die Daseinsvorsorge – sprich den Belangen der Bürger ihrer Stadt – zu widmen.

Auch wir in Wülfrath wissen doch, dass es z.B. sinnvoll wäre, Kindern und Jugendlichen kostenfreien Zugang zur Bildung zu gewähren. Dennoch erheben wir Kita-Beiträge, Gebühren für die Mittagsverpflegung usw., die im Widerspruch zum Artikel 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen als auch des Artikels 28 der Kinderrechtskonvention stehen.

Beides hat die Bundesregierung anerkannt und dennoch wird hingenommen, dass die Zugangsvoraussetzungen der vorschulischen, schulischen und außerschulischen Bildungseinrichtungen von Stadt zu Stadt unterschiedlicher kaum sein könnten. Und so bestimmt nach wie vor der Geldbeutel der Eltern die Zukunftschancen von jungen Menschen

Hier werden die Kommunen allein gelassen und Politik und Gesellschaft müssen vor Ort ausbaden, was auf Bundes- und Landesebene „angerichtet“ wird.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

Eine Gesellschaft offenbart sich nirgendwo deutlicher als in der Art und Weise, wie sie mit ihren Kindern umgeht. Sie sind in jeder Gesellschaft zugleich die verwundbarsten Bürger und ihr größter Reichtum.“ so Nelson Mandela.

An dieser Stelle möchte ich die Bemühungen der Stadt Wülfrath hervorheben, die sich dem Problemfeld „Kinderarmut in Wülfrath“ stellt und mit unterschiedlichen Akteuren Wege zur Verbesserung der Teilhabe aufzeigt.

Allerdings – und wer wüsste es besser als unser Kämmerer und Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen des Rates – ohne Moos nix los.

Wir müssen also auch darüber sprechen, wie ernst wir es meinen, wenn wir Kinderarmut vor Ort bekämpfen möchten. Allein auf den guten Willen, das ehrenamtliche Engagement und die Spendenbereitschaft Wülfrather Bürger dürfen wir nicht setzen. Wir müssen auch als Stadt unseren Beitrag leisten. Hier sollten wir – aus gutem Grunde – auch neue Wege gehen.

Zeitgleich sind wir als Politik aber auch gefordert, in den eigenen Reihen deutlich zu machen, dass dieses kommunale Engagement kein Freibrief für Bundes- und Landesebene sein darf. Denn – und da dürfen wir uns nichts vormachen – die Möglichkeiten vor Ort sind begrenzt und werden immer nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die LINKE begrüßt, dass sich die Mehrheit des Rates zum Zeittunnel bekannt hat, wenngleich unser Blick in Richtung des Landschaftsverbandes Rheinland getrübt ist. Auch hier wird wieder deutlich, wie sehr wir am Fliegenfänger hängen.

In diesem Fall bedeutet es, dass das Warten auf die Freigabe der Fördermittel, die Umbaumaßnahmen blockiert und die Eröffnung des Zeittunnels verzögert.

Umso mehr freut es uns zu hören, dass die Betreiber des Cafés am Zeittunnel, trotz der unbefriedigenden Umstände, optimistisch in die Saison starten. Wir wünschen Ihnen von hier aus – viel Erfolg und zahlreiche nette Gäste, von denen sich die eine oder der andere auch in die Wülfrather Innenstadt „verirren möge“.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

Diskussionen um Personalstellen lösen ja immer wieder „freudige Debatten“ aus. Manche können wir beeinflussen – wie die Einrichtung der Stelle einer Klimaschutzmanagerin - andere werden uns aufgrund gesetzlicher Bestimmungen diktiert – wie die zusätzliche Stelle im Bereich des Unterhaltsvorschusses und dritte dürften unseres Erachtens überhaupt nicht zur Diskussion stehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

an dieser Stelle beziehe ich mich exemplarisch auf den Brandschutzbedarfsplan, dessen Quintessenz fünf zusätzliche Personalstellen sind.

Wir dürfen nicht vergessen, was wir den Feuerwehrmännern und – frauen zu verdanken haben. Den Brandschutz mittels einer freiwilligen Feuerwehr zu gewährleisten, hat für die Stadt auch finanzielle Vorteile. Eine Berufsfeuerwehr würde – so Herrn Ritsches Antwort auf meine Nachfrage im Ausschuss für Umwelt und Ordnung allein mit 2 bis 3 Millionen Euro Personalkosten zu Buche schlagen. Aber Politik darf nicht nur die Finanzen im Blick haben, sie ist auch für die Gesundheit der Feuerwehrmänner und -frauen verantwortlich, die diese für die Wülfrather Bürger riskieren. Insofern ist eine auskömmliche personelle Aufstockung nicht nur gerechtfertigt sondern unabdingbar.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

unsere Stadt liegt uns am Herzen – deshalb ist es wichtig sie noch lebenswerter zu gestalten. Um das gesellschaftliche Leben stetig weiterzuentwickeln, müssen kulturelle, sportliche und soziale Aktivitäten gefördert werden. Dies erfolgt – wenn auch nicht in jenem Umfang wie wir es uns wünschen – vor Ort durch Unterstützung gemeinnütziger Vereine und Organisationen.

Wichtig ist jedoch auch die Förderung von Nachbarschaften, welche ein familiäres, ethnisches, generationenbezogenes und friedfertiges Miteinander ermöglicht.

Dies erreicht man unter anderem mit einer gezielten städtebaulichen Planung, bei welcher der soziale Wohnraum nicht vernachlässigt wird.

Eine städtische Wohnungsbaugesellschaft bietet die Gelegenheit gezielt Einfluss auf den Wohnungsmarkt zu nehmen. Vorausgesetzt man setzt die richtigen Prioritäten und vergisst nicht, dass ein kommunales Unternehmen nicht der Gewinn-maximierung verpflichtet ist. Angebot und Nachfrage bestimmen nicht nur das Mietniveau einer Stadt, sondern erschweren inzwischen Alleinerziehenden, Personen, die in Scheidung oder Trennung leben oder auch jungen Haushaltsgründern adäquaten Wohnraum zu finden.

Wer Kinderarmut bekämpfen will, der muss aber auch dafür Sorge tragen, dass keine sogenannten „sozialen Brennpunkte“ entstehen. Unzureichende Wohnverhältnisse erschweren jedoch die Lebensbedingungen von einkommensschwachen Personenkreisen. Zudem ist statistisch belegt, dass zu den Hauptbetroffenen Kinder und Jugendliche zählen und ihr Anteil an der Wohnbevölkerung solcher Gebiete 30 bis 40 Prozent ausmacht.

Auf diese Entwicklung hat der Deutsche Kinderschutzbund bereits im Jahre 1991 in einer Grundsatzerklärung zur Wohnungspolitik ausführlich hingewiesen.

Nun haben wir ja für viel Geld ein Handlungskonzept für die Stadt Wülfrath in Auftrag gegeben, welches die Wohnraumsituation analysiert und Handlungsfelder eruiert hat. Und die Stadt hat im September 2016 die Politik zu einem Strategie-Workshop eingeladen. Hier haben wir uns unterschiedlichen Handlungsfeldern gewidmet und Ziele gesetzt. Unter anderem haben wir uns mit den Themen Integration, Mobilität, Flächenentwicklung sowie der Stadtteil- und Quartiersentwicklung befasst. All dies sind Schritte in die richtige Richtung. Was fehlt ist jedoch eine konsequente und stringente Umsetzung der Vorsätze, die gemeinsam formuliert wurden. Insofern wäre es sinnvoll, in den jeweils zuständigen Ausschüssen regelmäßig den Sachstand darzustellen. Erstens um die Zielsetzung weiter zu verfolgen und zweitens um diese ggf. zu hinterfragen. Was uns keinesfalls weiter bringt ist Stillstand.

Bei aller Kritik, die wir in den vergangenen Jahren vorgetragen haben und die wir – vor allem in Hinblick der Erhebung von Gebühren für frühkindliche Bildungseinrichtungen - aufrecht halten, sehen wir die Bemühungen, die Lebensbedingungen in unserem Städtchen zu verbessern.

Ein gelungenes Werk ist sicher der Spielplatz in den Banden. Wobei hier natürlich das Engagement der Wülfrather Bürger die tragende Rolle spielte. Das Ringen um den Erhalt des Zeittunnels, der Wille eine gute Betreuung und Begleitung von Flüchtlingen – auch mittels Aufstockung des Personals im sozialen Bereich - zu gewährleisten, die Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes durch einen Klimaschutzmanager – all dies sind Maßnahmen, die wir begrüßen, mittragen und zum Teil ja auch angestoßen haben.

 

Sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,

wie in den vergangenen Jahren, möchte ich die Gelegenheit nutzen, Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseren Dank auszusprechen. Wir wissen zu schätzen, dass sie nie die Geduld mit der Politik verlieren, für Fragen offen sind und unser Ehrenamt mit Rat und Tat begleiten.

Aber – liebe Kolleginnen und Kollegen – auch Ihnen möchte ich danken. Denn dieser Rat – so unser Empfinden – zeichnet sich durch ein konstruktives und respektvolles Miteinander aus. Und diese Form des Umgangs miteinander – trotz unterschiedlicher politischer Ausrichtungen – ist so nicht immer selbstverständlich. Insofern würde ich mir ein Stückchen dieses Wülfraths auch auf Bundes-, Landes- und Kreisebene wünschen.

Frau Bürgermeisterin, Herr Ritsche – ich gehe davon aus, dass unsere Stellungnahme deutlich gemacht hat, dass wir durchaus die positiven Aspekte, die in diesem Haushalt zum Tragen kommen, anerkennen. Auch wenn wir es uns nicht leicht gemacht haben, möchten wir dieser Entwicklung mit unserem Votum Rechnung tragen: Die Fraktion DIE LINKE stimmt dem Haushalt 2017 zu.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

X

Right Click

© copyright siehe Impressum