Handelt Jobcenter ME-aktiv rechtswidrig?

bewilligungHarald Thomé vom Erwerbslosenverein Tacheles e.V. sieht vermehrt Anzeichen dafür, dass Jobcenter die Bewilligungszeiträume von zwölf bzw. sechs Monaten auf Zeiten - die für die Leistungsbeziehenden nachteilig sind - verkürzen.

Er verweist darauf, dass § 41 Abs. 3 SGB II generell bestimme, dass in der Regel für ein Jahr zu entscheiden sei. Bei vorläufiger Leistungsgewährung oder bei unangemessenen Kosten der Unterkunft ist regelmäßig auf sechs Monate zu verkürzen (§ 41a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 u. 2. SGB II).

Thomé stellte fest, dass die Bewilligungszeiträume in einigen Fällen bis Jahresende oder bis Ende März 2022 verkürzt wurden. Angeführt und belegt hat er auch einen Vorgang des Jobcenters aus dem Kreis Mettmann, bei dem grundlos der Bewilligungszeitraum zum Jahresende auf zwei Monate verkürzt wurde.

Bei dieser Vorgehensweise kommt die Vermutung auf, dass mit dieser Verkürzung die begünstigende Regelung der so genannten »Angemessenheitsfiktion« der Unterkunftskosten in § 67 Abs. 3 SGB II umgangen wird. Zum Zeitpunkt des Erlasses des vorliegenden Bescheides galt die Angemessenheitsfiktion für alle Bescheide die bis Ende Dezember 2021 begonnen haben. Die Angemessenheitsfiktion bestimmt, dass alle Unterkunftskosten für Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2021 - verlängert auf 31. März 2022 – beginnen, für die Dauer von sechs Monaten gesetzlich bestimmt als angemessen gelten.

Der Referent für Sozialrecht. Arbeitshilfen und Dienstanweisungen hat den „Mettmanner Fall“ analysiert und kommt zu dem Ergebnis, dass alle anfallenden Unterkunftskosten aufgrund der Angemessenheitsfiktion, zumindest für sechs Monate und nach dem Kostensenkungsverfahren noch einmal für sechs Monate, übernommen werden müssten. Durch die rechtswidrige Verkürzung würde diese begünstigende Reglung jedoch nur bis Dezember 2021 greifen.

Stellt sich die Frage: Was ist los im Mettmanner Jobcenter ME-aktiv? Will man die Kosten der Unterkunft zum Nachteil betroffener Kund:innen senken oder sind die Sachbearbeiter:innen mit der Auslegung der gesetzlichen Regelungen überfordert? Beides ist unentschuldbar.

Gibt es womöglich mehr solcher Fälle? Wenn dies so ist, sollten betroffene Kund:innen gegen einen verkürzten Bescheid Widerspruch einlegen. Wer einen bestandskräftigen Verkürzungsbescheid erhalten hat und Nachteile befürchtet, hat die Möglichkeit mit einem Überprüfungsantrag zu seinem Recht zu gelangen.

Tacheles e.V. informiert auf seiner Homepage ausführlich und unterstützt Betroffene mit Musteranträgen.

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